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Ein Pferdeleben in der Box

Zum Thema Boxenhaltung gibt es soviel Meinungen wie Pferderassen. Warum ich glaube, dass meine Pferde gut damit zurecht kommen.

Es kam die Frage auf, ob der Mensch es verantworten kann, Pferde in Boxen zu halten, zwischen Gitterstäben. Sollten sie nicht lieber frei wählen dürfen wann sie hinaus gehen und ihr Sozialleben mit Kumpels pflegen, am besten in einer Herde leben? Wenn es so einfach wäre! Ich bin sicher, dass es unter den entsprechenden Rahmenbedingungen, mit verschiedenen Pferden möglich ist, sie auf großen Wiesen zu halten und mehr oder weniger sich selbst zu überlassen. Wie ich weiß, passiert das noch nicht einmal in Island, wo Pferde tatsächlich sehr robust gehalten werden.

Bei meinem beiden hochgezüchteten Sportpferden kann ich nur sagen, es funktioniert nicht. Zum einen kann ich ihnen im Umkreis der Großstadt weder Steppe noch Hochmoor anbieten, zum anderen sind sie tatsächlich nicht geeignet sich allein durchs Leben zu schlagen. Sie sind, man muss es leider sagen, vollkommen abhängig von unserer Zuwendung und Fürsorge. Davon, dass wir sie füttern, bewegen, sie mit Zäunen vor Eisenbahnschienen und Straßen schützen und manchmal auch vor ihresgleichen. Nicht jedes Pferd verträgt sich mit jedem anderen Pferd. Wir verarzten sie, wenn sie Blessuren haben und schonen sie bei Lahmheit.

Die Stute ist mein Paradebeispiel. Sie mag Menschen bisweilen lieber als Artgenossen. Und wenn sie Pferdefreundschaften schließt, dann sucht sie sich ihre Freunde selber aus – meistens sind es sowieso Freundinnen. Sie mag nicht stundenlang in der prallen Sommersonne bleiben, nicht einmal, wenn sie dabei Gras zupfen kann. An schwülen Hochsommertagen steht sie spätestens um neun Uhr am Koppeltor und wünscht in den schattigen Stall gebracht zu werden. Bremsen und anderes Ungeziefer bringen sie in Rage und ihr Umfeld in Not. Denn da kann sie richtig rücksichtslos werden, beim Führen wie beim Reiten.

Meine Pferde lieben ihre Tagesabläufe. Sie warten auf ihre Menschen genauso wie auf ihr Futter, ihre Weide und die Arbeit. Jawoll, auch die Arbeit trägt maßgeblich zum Wohlbefinden meiner Pferde bei – und nicht nur meiner. Pferde sind ausreichend lange domestiziert, dass sie Freude an den Anforderungen haben, die der Mensch ihnen stellt. Besonders das Jungpferd lechzt nach Arbeit und ist in seinem Gesamtverhalten grundlegend anders wenn es trainiert wird. Es ist umgänglicher, selbstsicherer, mutiger. Einfach zufriedener.

Ich bin so überzeugt von den sozialen Kompetenzen unserer Pferde und ihrer Interaktion mit den Menschen, dass mir die Überlegung sie in die „Freiheit zu entlassen“ völlig suspekt erscheint. Ebenso überzeugt bin ich, dass eine Herde in ihrem Gefüge sehr anspruchsvoll ist. Ein ständiger Austausch von Tieren ist stressig, macht für Verletzungen anfällig und raubt Energie. Es dauert Monate bis eine Gruppe homogen agiert. Gute Bewegungsställe erkennt man an ihrem Integrationsmanagement. Für Sportpferde ist die Überlegung von freieren Haltungsformen zwar durchaus erstrebenswert, aber in meinem Pferdeleben habe ich den dafür perfekten Stall noch nicht gefunden. Zumindest nicht in meiner Nähe.

Und: Meine Pferde haben grundverschiedene Bedürfnisse, allein schon altersbedingt. Einen Stall zu finden, in dem diese sowohl für die eigenwillige Oldie wie auch für den kraftstrotzenden Pferdebuben erfüllt werden, war ein bisweilen entnervender Prozess. Die nun nebeneinanderliegenden Boxen, das viele Stroh und die Heuberge wollen die beiden bestimmt nicht mehr hergeben. Auch nicht ihren Futterbrei mit Vitamin E, Selen & Lysin für den Sportler und den mit Mobifor®-GR für die Stute. Ich finde, das passt gut. Und habe meine Stallsuche soweit beendet.

 

Schlagworte: Alter / Bewegung / Haltung / Pferde / Stress / Verhalten

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