Der Stallmeister war mein Weihnachtsmann. Er ist kurz vor Hl. Abend direkt auf dem Reitplatz gelandet und hat mich mit Tipps fürs Jungpferd beschenkt.
Hannes Hamminger ist Co-Autor unseres gemeinsamen Buches „Das Pferd sagt es uns jeden Tag“ und kann mit Fug und Recht als DIE graue Eminenz des geballten Wissens über Pferde und ihre Bedürfnisse bezeichnet werden. Sein Besuch beim Jungpferd war also ein höchst willkommenes Weihnachtsgeschenk.
Wir haben an Durchlässigkeit und Tempounterschieden gearbeitet und uns über die Entwicklung des nunmehr Sechsjährigen unterhalten. Der besonders herausfordernde letzte Winter sollte uns diesmal nicht mehr passieren. Schuld war unter anderem das Flegelalter. Außerdem der Wind. Und schließlich meine wachsende Anspannung unter den gegebenen Verhältnissen. Wie ich nun weiß, ist das explosive Gefühl nicht auf den Charakter des Jungpferdes zurückzuführen, sondern auf dessen tatsächliche Befindlichkeit. „Es gibt Pferde, die den Wind unter dem Bauch nicht vertragen“, sagt der Stallmeister verständnisvoll. „Sie mögen es auch nicht, wenn der Wind ihnen den Schweif zwischen die Schenkel weht“, ergänzt er. Mein Argument, dass den Pferden in Island oder Irland selbst Ozeanstürme nichts anhaben können, quittiert er mit wenig verständnisvollem Grunzen. Man könne ja Pferde, die auf sturmgepeitschten Inseln im Freien aufwachsen, wahrlich nicht mit unseren kontinentaleuropäischen Modellen vergleichen.
Damit ist klar, ICH werde künftig bei Sturm und Wind Rücksicht nehmen. Denn das Pferd hat mir nun zwei Winter lang sein Unbehagen nachdrücklich vermittelt. Und wenn ich recht überlege, hatte es sogar dereinst einer der Stallburschen beobachtet – und den vom Wind Gebeutelten etwas früher von der Koppel geholt. So unglücklich hat das junge Pferd dreingeschaut, dass selbst er es bemerkt hat!
Man muss nicht ausreiten, wenn das Pferd sich dabei nicht wohlfühlt. Wir haben etwa 300 geeignete Tage im Jahr dafür. Wind, Glatteis oder pralle Sonne (im Sommer) müssen wir weder uns noch unseren Pferden zumuten. Schon seltsam, dass ich darauf nicht selbst gekommen bin. Denn dass Amos bei Sturm nicht gerne auf der Koppel steht, ist mir genauso aufgefallen wie dem Burschen. Warum sollte er ausgerechnet unter dem Sattel funktionieren? Es hat nicht geklappt, und eigentlich ist das auch kein Wunder.
Doch was, wenn wir doch einmal raus müssen? Bei Schlechtwetter und Seitenwind? Dann möge ich dem Pferd doch ein wenig beruhigendes Lavendelöl anbieten, empfiehlt der Stallmeister. Ein Tropfen auf dem Handrücken, an dem man das Pferd riechen lässt, reicht meistens schon. Denn das Aroma ist intensiv und wirkt gut.
In der vergangenen Woche war praktisch jeden Tag mehr oder weniger Wind. Seit ich mich bei mehr Wind damit arrangiere auch mal in die Halle zu gehen (was ich wirklich höchst selten mache), macht das Training noch mehr Spaß. Denn gewisse Spannungen entstehen erst gar nicht. Und damit schaukelt das temperamentvolle Pferd sich nicht noch mehr auf. Diese schöne Erkenntnis nehme ich gerne mit ins nächste spannende Ausbildungsjahr.