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Der Blick über den Koppelzaun

Vom Pferdeleben in einem Pferdedorf. Die lieben Nachbarn sind klein, bunt und plüschig – sie wecken großes Interesse beim Pferdekind.

Meine Pferde wohnen nicht nur in einem Pferdestall, sondern in einem ganzen Pferdedorf. Gefühlt jedes Haus in der kleinen Ortschaft (120 Einwohner, vier Gassen) hat einen Pferde-, Pony- oder Eselstall mit angrenzender Weide. Dazu kommen noch Hühner und Hähne, die sich in die Reithalle verirren, Alpakakoppeln neben Reitwegen sowie Traktoren gigantischen Ausmaßes, Quads und allerlei Land- und Forstwirtschaftsgeräte, die uns besonders beim Ausreiten jederzeit überall begegnen können. Unsere Pferde müssen somit einiges aushalten und regelmäßig neue Eindrücke verarbeiten.

Das Pferdekind ist mit seinen sieben Jahren wirklich groß (und ich hoffe sehr, dass wir nun sein Endmaß erreicht haben), aber sein (Hasen-)Herz bisweilen dennoch bemerkenswert klein. Besonders, wenn es um Artgenossen geht, die sich von Warm- und Vollblütern deutlich unterscheiden. Da fremdelt der Pferdebub. Diese Woche hat er sich etwa beim Anblick eines weißen Fellhaufens, der eigentlich ein schlafendes Schimmelpony war, hinter mir verstecken wollen. Was naturgemäß nicht geklappt hat. Mein dunkelbrauner Riese Amos ist also auf dem täglichen Weg zum Paddock etwas angespannt, aber immerhin vertrauensvoll hinter mir her gestakst. Das Fellbündel auf der Herbstwiese war schon sehr, sehr unheimlich! Und Amos, wenn er dann so aufgepflustert hinter mir her geht, ist schon sehr, sehr groß – zumal ich ihn beim bergab Gehen noch mehr von unten betrachte als sonst.

Nicht genug damit, hat sich besagtes Fellbündel auch noch bewegt als wir auf einer Höhe waren und zwar mit allen Vieren in der Luft. Das wonnige Schimmelchen hat sich nämlich wie ein Hund auf den Rücken gedreht und genüsslich in der Wiese gewälzt während seine kurzen Beinchen in den Himmel geragt haben. Dieser Anblick hat meinem großen Pferd einen entsetzten Schnauber mehr entlockt und obendrein einen kleinen Hüpfer zu Seite. Schließlich waren wir ohne weitere Zwischenfälle beim Paddock angekommen. Das Pferdekind hat ab nun Pony-TV über den Koppelzaun hinweg.

 

Neben dem kleinen Weißen tummeln sich auch ein paar bunte Pferdchen auf der Wiese des Nachbarhofes. Das hat den Vorteil, dass meinem frisch geschiedenen Singlepferd nach dem Verlust seines Kumpels nicht nur seine Wunden verheilen können (es sind ganz schön viele Bisse an ganz schön vielen Stellen), sondern dass es immerhin mit Schauen beschäftigt ist. Und zu sehen gibt es genug auf Nachbars Ponywiese. Denn die quirlige Herde ist recht amüsant zu beobachten und immer wieder mal gut für einen donnernden Aufgalopp über die Wiese. Das animiert zu nachdrücklichen Bocksprüngen und vorbildlichen Kapriolen auf dem befestigten Auslauf.

Gestern Abend auf dem Heimweg hat sich mein Großer dann ein Herz gefasst und Kontakt aufgenommen. Seine Strategie war die eines Kindes – herzerwärmend. Zuerst hat er auf seiner Seite des Zauns ganz beiläufig Gras gezupft und sich gemütlich grasend angenähert. Nachdem er die Situation als unbedenklich eingestuft hatte, hat die Neugierde gesiegt – oder umgekehrt.

Das plüschige Schimmelchen mit den großen, dunklen Augen hat sehr freundlich Hallo! gesagt, was wiederum die Schecken auf den Plan gerufen hat. Sie sind ebenfalls an den Zaun gekommen. Mein Pferdekind, stets freundlich interessiert (was ohnehin dem gängigen Naturell eines Pferdes entspricht), hat auch ihnen Hallo! gesagt. Er hätte wohl auch noch gerne länger über den Zaun getrascht, doch die Ponytruppe ist bald weitergewandert und hat den verwöhnten Jüngling in seiner Winterdecke einfach stehen lassen.

Schlagworte: Bewegung / Pferde / Verhalten

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