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Vom Pferd fallen kann man immer

Ein Sturz vom Pferd macht in der Regel keinen Spass. Man soll ihn aber auch nicht zu sehr fürchten.

Vor vier Jahren bin ich vom Pferd gefallen, und das ging so: Was aussah wie eine zwanzigjährige Stute, die kein Wässerchen trüben kann, war eine zwanzigjährige Stute, die mich in die Wiese katapultiert hat. Damit hatte ich nicht gerechnet. Vielmehr hatte ich schon abgehakt dass dies passieren könnte, jedenfalls bei der Stute, die ja damals schon im reiferen Alter war. Gut, es war kalt und ich hatte zu wenig Zeit, Bewegungsmangel rächt sich eben. Aber dass sie noch immer wie ein Rodeo-Pferd und so ausdauernd und vor allen Dingen so berechnend sein kann, das hätte ich tätsächlich nicht erwartet. Wenn schon nicht altersweise, so wenigstens altersmilde war mein Gedanke. Einige gewaltige Bocksprünge lang hatte ich mich ja gut gehalten. Aber das Ziel der Stute war eindeutig entweder mich loszuwerden oder mich zu blamieren. Oder beides. Das mit dem Loswerden ist ihr gelungen, aber nur das.

Da können die anderen noch so grinsen, mich erschüttern Überraschungen der Stute bis heute nicht. Ich weiß, warum ich sogar auf meiner Oldie einen Helm trage. Was mich indessen schon erstaunt, sind die Motivation und die Energie, die in ihr stecken. 355 Tage im Jahr benimmt sie sich wie eine altehrwürdige Dame mit dann und wann leichten Gelenksschmerzen. Sie versteht es vornehm, leichtrittig und zuverlässig aufzutreten.

Welcher Teufel sie an den anderen zehn Tagen im Jahr reitet, habe ich nach mehr als zwei gemeinsamen Jahrzehnten immer noch nicht herausgefunden. Dafür aber, dass vom Pferd fallen immer nach dem selben Schema funktioniert. Durch die Luft segeln, landen, aufstehen, Pferd einfangen. Aufsitzen, Krönchen richten, weiterreiten.

Vier Jahre sind seither vergangen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, heißt es. Ich habe das Pferdekind gezähmt und es hat sich bisher „wohlverhalten“, wie mein Sohn gerne sagt. Zwischendurch gibt es zwar Diskussionen, Temperamentsausbrüche und Schreckmomente, aber meistens kommen wir sehr gut klar. Dass der Junge ein heißer Ofen sein kann, wissen wir auch. Seine Luftsprünge sind beeindruckend und ebenso die Energie. Das hat er von der Mutter, die immer noch quirlig ist, wenn ihr danach ist.

Vor vier Tagen bin ich seit langem wieder  – also exakt nach vier Jahren – erneut vom Pferd gefallen und das ging so: Was aussieht wie ein schlaksiges Jungpferd, das kein Wässerchen trüben kann, ist ein in schlaksiges Jungpferd, das mich auf den (glücklicherweise weichen) Waldboden katapultiert hat. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wir waren schon viel getrabt und galoppiert und warum das Jungpferd nicht müde war, liegt wohl an den Genen der Mutter – siehe oben. Jedenfalls bin ich unverhofft sanft gelandet und nichts ist passiert. In meinem Alter hat man schon Respekt vor den möglichen Folgen.

Fitness sei Dank, habe ich mir gedacht, bin aufgestanden, habe das Pferd eingefangen und war froh – das Krönchen war nicht verrutscht. Ein Hoppala gehört zum Sport und man sollte sich nicht allzu sehr davor fürchten. Dem Pferd hat es übrigens gar nicht gefallen. Es war ziemlich verstört, denn es hatte das erste Mal seinen Reiter verloren und das war ihm tatsächlich nicht geheuer. Selbst wenn ich diesbezüglich mehr Erfahrungen habe als mein Youngster, ich brauche definitiv keine neuen.

Foto: Stute, die kein Wässerchen trüben kann © Andrea Kerssenbrock

Schlagworte: Bewegung / Pferde / Verhalten

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