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Altes Pferd in junger Gesellschaft

Die alte Stute weiß, was sie möchte und wie sie es bekommt. Ihre Sprache ist klar, fordernd und unmissverständlich. Sie sucht sich ihren Koppelgefährten selber aus – und es darf gerne ihr Sohn sein.

Gerade hatten wir noch ein Wohlfühlen-Knuddel-Mähnekraul-Video gepostet und am nächsten Tag war sie weg, die Knuddelpartnerin. Unserer Oldie ist quasi über Nacht ihre Koppelfreundin abhanden gekommen. Ich weiß nicht, wen es härter getroffen hat. Mich, weil ich mir den Lebensabend meiner alten Stute an der Seite genau dieser Freundin vorgestellt hatte, oder doch die Stute selbst, die sich im fortgeschrittenen Alter einmal mehr auf neue Gesellschaft einstellen musste.

Ich hatte zwei schlaflose Nächte und trotzdem keine zündende Idee. Sie zu den beiden Jungs, ihrem Sohn und dessen Kumpel, zu stellen, erschien mir riskant. Ihr Sohn würde sich vermutlich als ihr Beschützer aufspielen und das hält keine noch so gute Freundschaft aus. Bei Pferden können ganz schön die Fetzen fliegen. Also musste die Stute fürs Erste alleine auf der grünen Wiese grasen. Es soll Schlimmeres geben. Nicht so für die Stute. Das Alleinsein hat sie mit sinnlosem Herumlaufen quittiert, was generell nicht gut für ihre alten Beine ist. Dem einsamen Pferd war das egal. Sie ist gelaufen, hat verzweifelt gewiehert und sich regelrecht in eine Hysterie hineingesteigert. Man hat sie gerettet und in die Box gebracht. Dort hat sie gleich einen Kübel Wasser gesoffen und unruhig in der Box umherkreisend auf die anderen Pferde gewartet. Ganz besonders auf ihr Pferdekind. Der Sohn ist ja ebenfalls gerne mit ihr draußen (ich stelle sie immer wieder auch zusammen raus), aber sollte ich ihm wirklich seinen Kumpel wegnehmen?

Die Vergesellschaftung mit meiner Black Beauty, die zufällig die Halbschwester des Pferdekindes und bei mir in Ausbildung ist, und ihrem Ritter Janos ist jedenfalls gescheitert. Black Beauty ist ein echtes Traumpferd – jung, schön und selbstbewusst. Meine Oldie ist hingegen alt, immer noch schön und altersgemäß in die Defensive geraten. Pferdehierarchien ändern sich. Sie spürt wie die Kräfte schwinden und die Autorität der jungen Jahre verloren geht. Der Versuch sie zu integrieren ist gründlich schief gegangen. Die junge Schöne hat der Alten umgehend eine ordentlich blutende Wunde am Hinterbein verpasst und sie ohne Erbarmen vor sich hergetrieben. Die Botschaft war klar: „Du kommst hier nicht zur Ruhe. Der Prinz ist meiner und ich teile nicht.“

Ich habe meine Oldie diesmal selbst gerettet, sie in den Stall gebracht, die Wunde verarztet und mit viel Zuwendung verwöhnt. Als der Sohnemann wenig später von der Weide kam, hat sie ihn zärtlich begrüßt. Ich habe die Botschaft verstanden. Sie möchte mit ihm sein. Am nächsten Tag bin ich sehr früh am Morgen in den Stall gefahren. Alle Pferde standen auf ihren saftigen, taunassen Wiesen, nur meine kleine Stute war im Stall geblieben und hat auf mich gewartet. Ihr Blick war traurig.

Als ich sie einige Minuten später die Koppelgasse hinunter geführt habe, sind die Lebensgeister wieder erwacht und sie wurde ganz aufgekratzt. Auf der freien Koppel Nummer fünf steht das Gras besonders üppig, weil einige Wochen keine Pferde auf ihr standen. Nummer fünf ist nun ihre. Mein Stütchen war wohl froh aus dem Stall zu sein, aber so richtig zufrieden war sie noch nicht. Sie ist recht rastlos herumspaziert und hat mit unübersehbarer Sehnsucht zu ihrem Sohn geschaut, der zwei Koppeln weiter auf Nummer sieben stand. Ihm war auch nicht entgangen, dass seine Mutter in der Nähe war. Die beiden haben einander zugewiehert, die Ohren gespitzt und ihre Hälse gestreckt, um den jeweils anderen zu sehen.

Ich hatte Schmetterlinge im Bauch als ich den Jungen geholt und zu seiner Mutter geführt habe. Sie ist auch gleich angetrabt und hat zärtlich geblubbert und eine große Runde an seiner Seite gedreht und dabei immer weiter mit ihm geplaudert oder geblubbert oder blubbernd geplaudert. So sind sie Seite an Seite grasend über ihre Koppel gewandert und waren vollkommen zufrieden.

Onkel Rudi ist ein echter Best Buddie und hat mit der ihm eigenen Gelassenheit die Abwesenheit seines Kumpels Amos friedlich weitergrasend nur am Rande registriert. Wenn es soweit ist und der junge Amos von seiner Mutter Momo Abschied nehmen muss, wird Rudi ihn trösten, hat mir dessen Besitzerin geschrieben und schon beim Gedanken daran sind mir die Augen wässrig geworden.

Für Traurigkeit gibt aber derzeit keinen Grund. Mutter und Sohn genießen den Spätsommer auf der Wiese und ich mit ihnen die Freude, die sie dabei haben. Sie sind sich so nahe wie sie sein wollen und haben interessanterweise die Rollen getauscht. War es früher die Stute, die auf ihren Sohn aufgepasst hat, so ist es nun umgekehrt. Sie überlässt ihm gerne die Führung. Hauptsache, er ist da. Und mein Junger? Der geht ganz souverän mit seiner neuen Rolle als Aufpasser um. Neuerdings fühlt er sich sogar beim Reiten ein Stück erwachsener an. Ich frage mich, was die beiden wohl plaudern?

Die Stute ist nun fast ein Viertel Jahrhundert alt. Wir feiern also bald Silberhochzeit, denn ich hatte sie schon als Fohlen. Zu ihren bisherigen Alterswehwehchen und den weißen Haaren kommt eine Durchtrittigkeit an beiden Hinterbeinen hinzu. Diese sehr typische Erkrankung bei alten Pferden ist leider fortschreitend. Wenn die Bänder und Sehnen nicht mehr stark genug sind, um den Fesselkopf in seiner Position zu halten, ändert sich die Winkelung im Fesselgelenk, was dauerhaft zu Schmerzen führt. Um das Bindegewebe von Sehnen und Bändern hinlänglich zu unterstützen, hat NutriLabs das über viele Jahre bewährte Supersulf® MSM equin mit einer Mischung aus drei verschiedenen biologisch verfügbaren Schwefelquellen. Damit können wir den Alterungsprozess zwar nicht aufhalten, jedoch dem Pferd einen guten Futterzusatz für starke Sehnen verabreichen.

Schlagworte: Alter / Geriatrie / Haltung / Pferde / Stress / Verhalten

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