In letzter Zeit bin ich besonders oft mit dem Thema Gähnen beim Pferd konfrontiert.
Das echte Gähnen dauert beim Pferd etwa drei bis acht Sekunden. Dabei schließt es die Augen, streckt Kopf und Hals nach vorne und öffnet mit entspannten Kiefergelenken sein Maul zum Gähnen. Die Zunge kann dabei gerade hinausgetreckt sein. Manche Pferde gähnen mehrmals hintereinander. Im Gegensatz dazu sind Spannungssperren im Kieferbereich statischer und dauern länger.
Beginnt man erst einmal sich mit dem Thema etwas näher auseinanderzusetzen, stellt man schnell fest, dass es rundherum nur so wimmelt von gähnenden Pferden. Aktueller Anlass meiner Gähn-Recherche war eine mittlere Kolik, die sich immerhin über zwei Tage gezogen hat. Auffallend war das häufige Gähnen des Patienten, das in diesem Fall wohl eindeutig auf Schmerzen zurückzuführen war. Der Verdacht von Magengeschwüren lag nahe. Diese haben sich glücklicherweise bei der Gastroskopie nicht bestätigt.
Das Gähnen ist geblieben. Und wenn ich es recht überlege, war es vorher auch schon da. Denke ich noch weiter in die Vergangenheit, erinnere ich mich an einen jungen Vollblut-Hengst, der mit großer Hingabe gegähnt und seine Kiefer in alle Richtungen gereckt und dabei den Kopf nach vorne gestreckt hat. Wir hatten stets das Gefühl, dass dieses Gähnen lustvoll und Teil der Kommunikation mit den Menschen war. Wie ein Clown zog der Hengst Grimassen wenn man sich seiner Box näherte und damit die Aufmerksamkeit voll auf sich. Das Gähnen schien nur ein Element seines mimischen Repertoires zu sein.
Nun stelle ich fest, dass bei meinem aktuellen Jungpferd das Gähnen geradezu ein Teil unseres Pflegerituals geworden ist. Mit zunehmender Entspannung durch Massage mit dem Gummi- oder Noppenstriegel (manchmal auch mit beiden) beginnen die Nüstern desselben zu beben, seine Lippen zu wackeln und der Hals sich nach vorne zu dehnen. Ein herzhaftes Gähnen bildet meist den krönenden Abschluss dieses Verhaltensmusters. In diesem Fall deutet alles auf einen echten Beweis für Entspannung und emotionale Bindung hin.
Bei der Recherche ist mir aufgefallen, dass das Gähnen beim Pferd eben überaus positiv besetzt sein kann – was mich einerseits sehr beruhigt, andererseits meine Beobachtungen bestätigt hat. Gähnen dient dem sozialen Zusammenhalt, der Steigerung der Aufmerksamkeit und der Interaktion mit Menschen wie Artgenossen. Es zeigt, dass ein Pferd sich sicher fühlt. Gähnen beim Training kann auch ein Zeichen des Lösens sein. Selten ist es die Müdigkeit, die ein Pferd zum Gähnen veranlasst.
Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Gründe, wonach Gähnen Unbehagen oder Schmerzen ausdrücken kann. Die Art der Haltung, eine heterogene Herde und Fütterungsstress sind nur einige Faktoren, die sich einem Pferd im Sinne des Wortes auf den Magen schlagen können. Darum ist es immer gut, das eigene Auge zu schulen und sein Pferd aufmerksam zu beobachten. Damit man im Falle des Falles das Gähnen richtig interpretieren kann. Und gegebenfalls einen Tierarzt zu Rate zieht. Schließlich findet sich doch dann und wann ein Zusammenhang zwischen Gähnen und Magengeschwür. Das Produkt der Wahl heißt in diesem Fall AcidProtect®.
Foto: © Mat Reding on unsplash