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Pension, nein danke

Was ich Ladiesausflug nenne, nennt meine Freundin M Altweiberspaziergang. Gemeint sind unsere zwei Stuten, die eine flotte 23, die andere knackige 25 Jahre alt. Beide waren schon in Pension, was insofern schief gegangen ist, als sie völlig unabhängig und weit entfernt voneinander zunehmend unglücklicher wurden. Man würde jetzt meinen, so ein Pferd auf der Weide mit anderen, das müsste doch eigentlich zufrieden sein.

Aus dem Leben mit Pferden wissen wir, Pferde sind soziale Wesen. Die Wissenschaft hat das ebenfalls schon bewiesen. Pferde sind aber nicht nur mit Pferden sozial, sondern ganz besonders auch mit uns Menschen. Sie zu pensionieren bedeutet leider oft auch, sie wegzustellen. Sie in einen Koppelbetrieb zu integrieren oder in einen Laufstall. Und damit Geld zu sparen. Zurück bleibt meist ein unglücklicher Mensch und oft auch ein unglückliches Pferd.

Die täglichen Rituale fehlen. Die Begrüßung in der Box, die Pflege, das Bürsten, das Reiten, das Miteinander, die Karotten danach, die kuschelige Decke im Winter, die Fliegenhaube im Sommer. All das sind Zeichen der Fürsorge, der Zusammenarbeit, der Wertschätzung. Auf einmal waren die Stuten allein. Neuer Stall, fremde Box, vertraute Menschen weg. Ehrlich, es hat mir das Herz gebrochen! Und doch habe ich versucht, es mir irgendwie schön zu reden. Mit der kaputten Sehne geht es ihr dort besser, sie wird schnell Freunde finden, ich besuche sie ja ohnehin. Der Freundin M ist es 200 Kilometer weit weg genauso gegangen.

Einen Sommer später war die Sehne ausgeheilt. Koppelfreunde sind gekommen und wieder gegangen – und mit ihnen die Lebensfreude. Einen weiteren Sommer später war es nicht mehr schön zu reden. Die Stute wollte wieder gepflegt werden, spazierengehen, die Karotte danach bekommen und im Winter eingedeckt werden. Sie wollte ihre Bezugsmenschen und – ja, gerne – eine Koppelfreundin. Aber eben nicht nur.

So haben sich unsere beiden Pferdeseniorinnen also im Pferdesportzentrum getroffen. Der Name ist Programm, hier stehen eigentlich Sportpferde, Freizeitpferde und Rennpferde. Und nun auch zwei fitte Mittzwanzigerinnen. Beide werden nach zwei Jahren Pause wieder leicht bewegt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten geritten, umsorgt und umhegt. Das Fell glänzt, die Augen strahlen, Mobifor unterstützt. Mein Herz hüpft, die Freude ist groß.

 

Foto: Jolanda van der Meer on Unsplash

Schlagworte: Alter / Bewegung / Geriatrie / Pferde

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